Besser gerecht
„Oh man, ich könnte mich so aufregen – das gibt’s echt nicht, der Alte hat mich voll gelinkt!! Das muss man sich mal vorstellen – ich schufte bei brütender Hitze volle 10 Stunden lang in diesem bescheuerten Weinberg. Das einzige, was mich hochhielt war der Gedanke an meinen Tageslohn: 1 Silberstück, das ist nicht zu verachten – Es gibt Arbeit ohne Ende und ich denke mir schon „wie sollen wir das alles schaffen?!“
Gott sei Dank kommen im Laufe des Tages noch einige Arbeiter dazu. Als wir unseren Lohn abholen bemerke ich, dass die anderen, die viel später mit der Arbeit begonnen haben, das gleiche Geld wie ich bekommen. Ich rege mich natürlich voll auf, als Antwort bekomme ich nur so ein lahmes: Hatten wir nicht ein Silberstück als Tageslohn verabredet? So, jetzt kommt ihr! Das gibt’s doch gar nicht, so eine bodenlose Ungerechtigkeit… schließlich habe ich viel mehr gearbeitet…
Das Landesjugendcamp findet in diesem Jahr zum Thema „Gerecht statt gelinkt“ statt.
Was ist gerecht?
„Da sagte der Weinbergbesitzer zu einem von ihnen: „Mein Lieber, ich tue dir kein Unrecht. Hatten wir uns nicht auf ein Silberstück geeinigt? Das hast du bekommen, und nun geh! Ich will nun einmal dem Letzten hier genau so viel geben wie dir! Ist es nicht meine Sache, was ich mit meinem Eigentum mache? Oder bist du neidisch, weil ich großzügig bin?“ Jesus schloss: „So werden die Letzten die Ersten sein und die Ersten die Letzten.“
Matthäus 20, 13-16
Und wann fühlen wir uns gelinkt?
Solche Gefühle kennen wir alle: Zu Hause die Spülmaschine ausräumen zu müssen, obwohl man gestern schon dran war – in der Schule Nachsitzen, obwohl man gar nicht „direkt“ beteiligt war – die Werkstatt ausfegen müssen, weil man Lehrling ist – ausgelacht werden, weil man anders aussieht – nicht eingehaltene Versprechen – unerfüllte Erwartungen/ Bedürfnisse – Unehrlichkeit – Feigheit.
Und was hat eigentlich die Ev. Jugend damit zu tun?
Die Ordnung der Ev. Jugend beginnt mit einer Präambel. Da heißt es im 2. Absatz:
„Ev. Jugendarbeit will allen jungen Menschen das Evangelium von Jesus Christus in ihnen gemäßer Weise bezeugen, sie mit der biblischen Botschaft in ihrer Lebenswirklichkeit begleiten und sie ermutigen, in der Nachfolge Jesu Christi als mündige Christinnen und Christen kirchliches Leben mitzugestalten und Verantwortung in der Welt wahrzunehmen.
Verantwortung in der Welt wahrnehmen – d.h. in erster Linie die Welt wahrzunehmen! Deutschland nicht als „Maßstab aller Dinge“ sondern als ein Teil dieser Erde wahrnehmen, ausländische Mitbürger/innen als Menschen sehen und ihnen vorurteilsfrei begegnen, politische Machtverhältnisse und kulturelle Unterschiede in der Welt wahrnehmen. Gastfreundlich sein, getreu dem WM –Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden!“
„Gerecht statt gelinkt“ – das will die Ev. Jugend sein. Aber was ist gerecht? Jede/r hat da ganz eigene Vorstellungen – einen groben Rahmen bietet das Grundgesetz, auf das sich dann im Zweifelsfall die Anwälte des Rechts berufen können. Als Ev. Jugend bietet uns die Bibel eine Diskussionsgrundlage für Gerechtigkeitsfragen – Die 10 Gebote, das Leben des Gottessohnes Jesus Christus, Gleichnisse wie das der „Arbeiter im Weinberg“. Indem wir im Gespräch bleiben, in unserem Glauben – dem, was uns als Ev. Jugend miteinander verbindet – beweglich bleiben, den Kontakt zur Welt behalten und den Dialog mit den Menschen dieser Erde suchen können wir für ein Stück mehr Gerechtigkeit in der Welt sorgen.
Sabine Ahua, Kirchenkreijugenddienst Rotenburg