Gottesdienst zur Jahreslosung 2003
Gottesdienst mit Konfis zur Jahreslosung „DER MENSCH SIEHT WAS VOR AUGEN IST, GOTT ABER SIEHT DAS HERZ AN“
am 19. Januar 2003 um 10.00 Uhr in der Kreuzkirche in Altenwalde
Musik
Begrüßung:
Guten Morgen und herzlich Willkommen!
An der Musik am Anfang habt Ihr schon gemerkt: dies ist ein anderer Gottesdienst als wir es sonst gewohnt sind. Wir hoffen, dass Ihr euch hier alle wohlfühlt, auch wenn manches fremd ist. Damit das nicht so bleibt, möchten wir euch mit einer kleinen Sprechmotette auf das Thema des heutigen Gottesdienstes einstimmen.
– Sehen und gesehen werden
– Ansicht – Hinsicht – Vorsicht – Aussicht – Nachsicht – Einsicht – Zuversicht
– Kurzsichtig – weitsichtig
– Etwas kommen sehen – vorhersehen
– Aussehen
– Auge – Wimpern – Pupille – Netzhaut – Sehnerv
– In die Zukunft sehen
– Verschwommene Sicht
– Sich vorsehen
– Schwarzsehen
– Es gibt verschiedene Sichtweisen
– Sehbehinderung – Sehhilfe – Sehschule
– Wenn ich nicht sehen könnte, wäre ich blind
– Ohne Licht kann man nicht sehen
– Sehen ist lebensnotwendig
– Wir sehen die Natur: Bäume, Blumen, Wasser, Sand, Gras
– Wir sehen Menschen und Tiere
– Wir sehen Gegenstände: Ampeln, Autos, Häuser, Fahrräder
– Wenn ich dich schon sehe….
– Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht
– Sich etwas vor Augen stellen
– Vor etwas die Augen verschließen
– Nur sehen, was man will
– Alles aus einem neuen Blickwinkel betrachten
– Über die Bedürfnisse anderer hinwegsehen
– Es ist mir wie Schuppen von den Augen gefallen
– Wenn Blicke töten könnten
– Augenwischerei betreiben
– Etwas oder einen Menschen aus den Augen verlieren
– Einen Blick riskieren
– Jemandem die Augen öffnen
Lied:
Psalm 139 – EG 754
Jetzt kommt etwas, das in unserer Gemeinde Tradition hat. Wie an anderen Sonntagen auch, lesen wir im Wechsel einen Psalm. Der 139. Psalm passt zum Thema dieses Gottesdienstes. Wir finden ihn auf den Liederzetteln und lesen ihm im Wechsel. Ihr die Gemeinde lest bitte den nach rechts eingerückten Text.
Eingangsgebet:
Lasst uns beten:
Gott, wir danken dir für diesen Tag, auch wenn wir noch nicht sehen, was er uns bringen wird.
Lass uns mit offenen Augen durch die Welt gehen, dass wir sehen, was du uns schenkst.
Gib uns die nötige Aufmerksamkeit für alles, was uns heute begegnen will und lass uns deinen liebevollen Blick erfahren. AMEN
Lied:
Lesung
Menschen sehen mit den Augen, aber sie haben auch noch andere Möglichkeiten sich wahrzunehmen.
Wir hören davon in einem Text aus dem kleinen Prinzen. Auf der Suche nach Freunden, begegnet er einem Fuchs, der ihm erzählt, dass er ihn nur dann zum Freund gewinnen kann, wenn er sich mit ihm vertraut macht.
Der Fuchs weiß: „Man kennt nur die Dinge, die man kennt und die man zähmt. Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgend etwas kennen zu lernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, so zähme mich“, sagt der Fuchs zum Prinzen.
„Was muss ich tun?“ sagte der kleine Prinz. „Du musst sehr geduldig sein“, antwortete der Fuchs. „Du setzt dich zuerst ein wenig abseits von mir ins Gras. Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen, und du wirst nichts sagen. Die Sprache ist die Quelle der Missverständnisse. Aber jeden Tag wirst du dich ein bisschen näher setzen können.
Die beiden machen sich miteinander vertraut. Beim Abschied gibt der Fuchs eine Weisheit an den kleinen Prinzen weiter: „Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
Lied:
Was der Fuchs dem Prinzen mit auf den Weg gibt, klingt gut und weise. Aber in unserem Alltag spielen Äußerlichkeiten doch eine erhebliche Rolle. In einer ersten Szene wird das verdeutlicht:
Szene 1:
2 Mädchen unterhalten sich. Ein Junge ( ) kommt vorbei. Beide gucken in seine Richtung.
Person 1: Bo eh, sieht der gut aus. Echt geil! Ein toller Typ.
Person 2: Mann, das kann man doch von außen gar nicht sehen! Vielleicht ist der total blöd.
Person 1: Ne, Mensch – der ist toll. Da hab’ ich nen Blick für. Dem kann man vertrauen – das seh’ ich auf den ersten Blick.
Person 3: (kommt dazu) Na ihr beiden. Über wen lästert ihr gerade?
Person 2: Wir und lästern – wir wissen gar nicht was das ist. Aber, sag mal, wo du schon gerade
hier bist – kennst du den Jungen, der hier gerade vorbeigelaufen ist?
Person 3: Du, etwa nicht? – Sei froh, da hast du nichts verpasst. Der sieht zwar gut aus, aber sonst
kannste den auch vergessen. Wir sind mal zusammen in eine Klasse gegangen. Ne, Aus-
sehen allein genügt nicht. Der hatte alle Weiber angequatscht. So was von eingebildet.
Person 1: Wieso? Ich weiß gar nicht, was ihr habt! Ich finde, der sieht echt klasse aus! Wer gut
aussieht, hat auch einen guten Charakter, ist ehrlich und treu. Den möchte ich gerne
näher kennen lernen.
Person 3: Auf das Aussehen sind schon andere rein gefallen – aber bitte probier es aus!
In der 2. Szene geht es nicht um das Aussehen, sondern um eine einseitige Sichtweise. Oftmals verurteilen wir andere, obwohl wir nur eine Seite des Menschen kennen. Eine umfassende Sichtweise lohnt sich. Es spielen mit Herr Blitz, der Klassenlehrer und die Schüler Julian, Mario, Reno und Max
SZENE 2:
Blitz: Na, dann will ich euch mal die Arbeiten zurückgeben. Reno – eine 2: toll du hast dich
(Marcus) gemacht; hast dich im letzten Halbjahr um eine Zensur verbessert. Weiter so!
Max: Ich muss dich loben. Du scheinst ja richtig was zu tun. Alle Achtung – eine 3.
Julian: Da fällt mir nichts mehr ein. Du kannst einfach nichts. Egal welches Fach – überall nur ausreichend oder mangelhaft. Aus dir wird nie was.
(kopfschüttelnd) Wie soll das bloß weitergehen? Hier – wieder ne 5.
In der Pause:
Julian: (ganz geknickt) Bei dem hab ich nie ne Chance. Da kann ich noch so viel lernen. Ich
(Dominique) kapier es einfach nicht. Er hat wohl recht: aus mir wird nie was.
Mario: Mensch Julian, hör doch auf. OK Deutsch und Englisch liegt dir nicht, aber in (Momme) dir steckt doch noch was anderes. Wenn man die Hauptfächer nicht kann, heißt das doch
nicht, das nichts aus dir wird. Der Blitz spinnt doch. Dann machst’ du eben erst mal
den Hauptschulabschluss. Mir ist noch etwas anderes wichtig, was du in der Schule
nicht unter Beweis stellen kannst. Was man nicht sehen oder abfragen kannst. Du bist
der einzige Freund, mit dem ich richtig gut quatschen kann. Außerdem finde
ich, es kann keiner so gut wie du Klavier spielen– Der Blitz hat doch keine Ahnung.
Du bist auch etwas, wenn du Deutsch und Englisch nicht kannst.
Lied:
Spiel Ich sehe was, was du nicht siehst
Kurzansprache
Liebe Konfis, liebe Gemeinde,
Ich sehe was, was du nicht siehst – ich mochte dieses Spiel als Kind immer besonders gerne. Das hat etwas: mehr wissen als andere – weiter und mehr sehen als andere. Ich bin den anderen überlegen. Jedenfalls solange bis das Geheimnis gelüftet ist und die anderen erraten haben, was ich in den Blick genommen habe.
Ich sehe was, was du nicht siehst – spielt Gott dieses Spiel mit uns. In dem Bibelwort, das uns durch dieses Jahr 2003 begleiten soll, heißt es: Der Mensch sieht, was vor Augen ist, Gott aber sieht das Herz an. Ist das so gemeint, dass Gott sich die Hände reibt und sagt: „Ätsch, ich sehe was, was ihr nicht seht“? Will Gott seine Macht demonstrieren und den Menschen klein machen?
Als ich euch die Konfis gefragt habe, wie ihr die Jahreslosung interpretiert, war für euch gleich klar: hier geht es nicht um Machtdemonstration, sondern um unterschiedliche Sichtweisen. Wir Menschen sehen tatsächlich erst einmal, was vor Augen ist. Das Äußere eines Menschen hat auf uns eine erstaunliche Wirkung. Schon nach dem ersten Blick, der ersten Begegnung, glauben wir zu wissen, ob wir mit diesem Menschen mehr zu tun haben wollen oder nicht. Oftmals stimmt dieser erste Blick, wir können ihm trauen. Manchmal braucht es aber auch mehr Zeit, einen Menschen näher kennen zu lernen. Man kann nicht immer vom Äußeren auf das Innere schließen. Manche Menschen wirken nach außen hin erst einmal langweilig. Sie sind vielleicht nicht so modisch gekleidet, wie andere – tragen keine Markenklamotten; machen nicht alles mit, was man so macht. Das muss nicht gleich heißen, dass man mit ihnen nichts anfangen kann. Beim zweiten Blick, bei weiteren Begegnungen lernen wir einander besser kennen. Der Fuchs aus dem Kleinen Prinzen beschreibt wie dieses Kennen lernen sich abspielt. Zunächst einmal beobachtet man sich verstohlen – aus der Ferne. Dann nähert man sich, wird einander vertrauter. Sicher sind wir erst einmal auf Äußerlichkeiten fixiert. Wie guckt jemand? Hat er oder sie eine positive Ausstrahlung oder wirkt er mehr wie eine Schlaftablette? Zum wirklichen Kennenlernen gehört noch anderes dazu. Ein anderer Blick. Der Blick mit dem Herzen. Was sagt mein Herz, mein Gefühl? Wir können noch mit ganz anderen Sinnen als mit den Augen wahrnehmen.
Ich kenne Leute, die mir erst einmal unsympathisch waren oder zumindestens irgendwie distanziert. Ich musste sie näher kennen lernen, mehr mit ihnen unternehmen, mich mit ihnen unterhalten, ehe eine Freundschaft daraus wurde. Man sieht nur mit dem Herzen gut, d.h. sich nicht auf Äußerlichkeiten und auf äußere Wahrnehmungen verlassen. Mit dem Herzen sehen, da spielt das Gefühl eine Rolle. Dazu braucht man Zeit. Das Zähmen oder sich vertraut machen geht nicht von heute auf morgen.
Der Mensch sieht, was vor Augen ist – Gott aber sieht das Herz an.
Gott sieht das Herz an. Für mich heißt das, Gott sieht nicht zuerst auf das, was wir mit den Augen sehen können. Ihm ist wichtig, was in einem Menschen vorgeht, wie es innen drin aussieht. Er sieht, was man eigentlich nicht sehen kann. Für mich heißt das nicht, das Gott seine Macht demonstriert, sondern vielmehr: Gott hat einen liebevollen Blick auf uns. Er sieht, was einen Menschen als Ganzes ausmacht. Er hat einen tieferen Einblick. Er achtet auf das, was andere übersehen. Gott kennt uns anders als wir uns manchmal nach außen hin geben. Gott sagt: Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist ein ganz wertvoller Mensch. Für mich ist darum die Jahreslosung kein Machtspiel zwischen Gott und Mensch oder gar ein Kleinmachen. Ich höre daraus ganz viel Trost, den ich besonders dann gut gebrauchen kann, wenn andere mich aufgrund irgendwelcher Äußerlichkeiten ablehnen. Gott sieht das Herz an: er sieht die Fähigkeiten, die ein Mensch hat. Er weiß auch um die Gedanken und Sorgen, die ich mir mache und die andere nicht einmal ahnen. Ich wünsche euch den Konfis und Jugendlichen, dass ihr euch dieses Bibelwort zu eigen macht, gerade dann wenn ihr in der Schule mies gemacht werdet, wenn andere über euch herfallen und kein gutes Haar an euch lassen. Ich wünsche euch, dass ihr immer wieder erfahrt: Gott sieht uns mit einem liebevollen Blick an, er sieht unser Herz an. AMEN
Lied:
Abkündigungen
Lied:
Fürbitten:
Lasst uns beten:
Guter Gott,
manchmal glauben wir, wir haben den absoluten Durchblick. Wir wissen Bescheid – doch im Grunde verschließen wir unsere Augen vor der Wirklichkeit. Hilf uns, den Tatsachen ins Auge zu sehen und unsere Welt nicht schön zu färben. Öffne unsere Augen für all das, was in dieser Welt nicht in Ordnung ist. Lass uns nicht achtlos vorbeigehen, wenn Menschen anderen Gewalt antun, wenn Unrecht geschieht.
Gott, wenn wir uns auf eine bestimmte Sichtweise festlegen, dann erinnere uns daran, dass es verschiedene Ansichten gibt. Hilf uns, nicht nur mit den Augen zu sehen, sondern auch mit dem Herzen. Öffne unsere Augen für all die schönen Dinge.
Gib uns die Gewissheit, dass nicht nur Äußerlichkeiten zählen. Lass uns spüren, dass du uns anders ansiehst. Sieh uns ins Herz, gerade dann wenn wir nach außen etwas vorgeben, was wir nicht sind.
Öffne unsere Augen für die Not anderer Menschen. Lass uns die vielen Möglichkeiten entdecken, ihnen zu helfen.
Guter Gott, wenn wir sehen, wie eine Nation einen Krieg vorbereitet, dann wird uns angst und bange. Wir bitten dich um ein Einsehen der Verantwortlichen, bevor es zu spät ist. Lass uns bei all dem, was wir sehen, nicht die Zuversicht aufgeben. Hilf uns an der Hoffnung auf eine friedliche Welt festzuhalten.
Wir beten gemeinsam
Vaterunser
Segen
Lied:
Mögliche Lieder:
Abends, morgens wacht ein Engel über mir
515 Laudato si
Schritte wagen
432 Gott gab uns Atem
Vergiss es nie – du bist du (würde nach der Predigt passen)
603 Ins Wasser fällt ein Stein
455 Morgenlicht leuchtet
Christa Naatjes
Guten Tag,
ich suche den Text und die Noten des Liedes: Abends, morgens wacht ein Engel über mir. Können Sie mir weiterhelfen?
Mit freundlichem Gruß
Christina Krause
Nein, liegen bei uns leider auch nicht vo. So sorry!
Hallo! Das Lied ist in der Sammlung „Lautes und Leises“ vom Michaeliskloster Hildesheim veröffentlich.
Tel. 05121 6971 457, kigo@michaeliskloster.de
Liebe Grüsse!
Christoph Bornemann