Amargi
Das erste Wort für Freiheit in menschlicher Sprache überhaupt ist das sumerische „amargi“ – ein Wort für Schuldenfreiheit.
Der in England lebende David Graeber hat in seinem Buch Debt eine Anthopologie der Schuld beschrieben. Unsere Vorgänger, so Graeber, die Könige und Kaiser der alten Zeit, die Fürsten und Gouverneure, hatten am Ende nur drei Auswege. Sie taten nichts, dann ging es ihnen meistens an den Kragen. Sie entschuldeten sich und die Banken, dann entstand eine revolutionäre Lage, manchmal über Generationen hinweg. Oder sie entschuldeten alle.
Der KKJK hat für 2012 sein neues Jahresthema gewählt. „Frei handeln‽“ und hat sich die Frage gestellt, wie frei wir selbst und unsere westliche kapitalistische Welt noch ist?
„Während in der arabischen Welt junge Menschen erste schwierige Schritte in der Freiheit tun, entgleitet sie uns: Wir haben uns den Gesetzen von globalisierten Märkten im Zeichen des Freihandels zu beugen. Politikerinnen und Politiker reden von alternativlosen Entscheidungen. Menschen sehen immer weniger Handlungsspielraum in ihrem eigenen Leben. Viele Jugendliche haben den Glauben verloren, in unserem demokratischen System Veränderungen zu bewirken.
Wir in der Evangelischen Jugend wollen uns damit nicht abfinden. Als Christinnen und Christen sind wir zur Freiheit berufen (Galater 5, 13). Wir wollen uns nicht lähmen lassen und uns unserer Freiheit wieder bewusst werden.“
Freiheit und Schuld scheint ein Thema zu sein das Menschen und Gesellschaften seit Urzeiten prägt, gestaltet und verändert. Wir wissen zur Stunde nicht, ob wir im Moment gerade Zeitzeugen einer neuen Gezeitenwende sind oder die sich abzeichnenden Protestbewegungen nur Randerscheinungen der Geschichte bleiben.
Fasziniert hat mich das Buch von Stephane Hessel „Empoert Euch“ Ein Widerstandskämpfer der Resistance in Frankreich der sagt: „ Genau diese Grundsätze und Werte sind uns heute nötiger denn je. Wir sind alle aufgerufen, unsere Gesellschaft so zu bewahren, dass wir auf sie stolz sein können…“ Die Occupy-Bewegung beruft sich auf Hessel – und auch wenn die großen Persönlichkeiten dieser Bewegung bislang fehlen und der Protest durch die kalte Jahreszeit abflaut. Wir dürfen gespannt sein, was der Frühling so mit sich bringt. Und wir dürfen mitdenken – mithandeln – mitprotestieren.
Der Konvent hat beschlossen dieses Thema bewusst aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten – dem christlich-lutherischen. Wir Christen sind frei allein aus der Gnade Gottes und damit zur Freiheit berufen. Freiheit in Verantwortung oder wie Luther sagt: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“
Freiheit ist vor allem die Freiheit des Nächsten und Freiheit ist sicherlich vor allem die Freiheit von Schuld. Wo Schuld, wo Schulden der Motor und Antrieb eines Menschen sind, da wird sein Handeln unfrei. Wo Schulden die Gesellschaften und Systeme überfluten, da werden Gesellschaften unfrei. Dieser Entwicklung gilt es Einhalt zu gebieten. Für uns Menschen heißt das: Vater unser vergib uns unsere Schuld. Und für unser Gesellschaftssystem?
Vater unser …
weiterführender Link: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/kapitalismus/eurokrise-und-vergib-uns-unsere-schulden-11527296.html
mh